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Mercedes 300SD W126: Diesel für Amerika

In den USA ein vergleichsweise bekannter Anblick, gehört der 300SD in Deutschland nach wie vor zu den fast unbekannten Exoten. In Mercedes-Youngtimer-Kreisen wird schonmal mit einer Mischung aus Ehrfurcht und Skepsis von diesen merkwürdigen Chimären berichtet, die da bereits in den 80er Jahren in Stuttgart das Licht der Welt erblickt haben und für das Leben auf dem amerikanischen Kontinent bestimmt waren. Indes hat das Konzept der S-Klasse mit Dieselmotor ja nun schon seit etlichen Jahren auch in Deutschland seine Möglichkeiten unter Beweis gestellt.

Die gefällig gezeichnete S-Klasse der Baureihe W126 als solches ist absolut keine Rarität auf unseren Straßen: Von 1979 bis 1991 gefertigt, dürfte sie auf unbestimmte Zeit die S-Klasse mit der längsten Produktionszeit sein. Hierzulande wurden die Autos mit Sechs- und Achtzylinder-Benzinmotoren, bis hin zum damals fast unanständig leistungsstarken 560SE angeboten. Mittlerweile hat sich eine rege Fan-Gemeinde um diese Baureihe entwickelt, wenn auch nach wie vor viele Exemplare, deren Wert oft aufgrund leichter Mängel mit dem einiger Kisten Bier abgegolten werden kann, in den Export gehen.

Für die Amerikaner gab es den W126 insgesamt mit drei Dieselmotoren. Die erste Version wurde vom guten alten Fünfzylinder des Typs OM617 befeuert. Diese Dreiliter-Turbomaschine ging 1978 als weltweit erster Turbodiesel in die Produktion. 1980 wurde die Maschine für den Einsatz im damals neuen W126 etwas modifiziert. Andere Kolben ergaben einen leicht verkleinerten Hubraum. Die Einspritzpumpe, Steuerzeiten, viele Parameter erfuhren ganz leichte, aber dennoch effizienzsteigernde Änderungen. Als Ergebnis gab der Motor im W126 eine Leistung von maximal 125 PS ab. In Deutschland wurde die gleiche Maschine später im W123 T-Modell angeboten. Auch der Motor als solches ist also nicht wirklich eine echte Rarität hierzulande, nur seine Kombination mit der S-Klasse Karosserie blieb eben den Amerikanern vorbehalten.

Auf dem Gipfel des amerikanischen Diesel-Booms konnte der 300SD der ersten W126-Generation einen echten Erfolg verbuchen: 78.725 Wagen wurden verkauft, bis er 1985 für die damals ganz neue Dieselmotorengeneration in Rente geschickt und 1986 durch einen gleichnamigen Bruder ersetzt wurde. Die Karosserie wurde mit sanften optischen Retuschen aufgewertet. Unter der Haube fand sich wieder ein zwangsbeatmeter Diesel wieder, diesmal der neue Sechszylinder des Typs OM603, und erstmals war der Diesel nun auch als Langversion lieferbar: Der 300SDL. Ein weiteres Kapitel in der Geschichte der Diesel-S-Klasse konnte beginnen.

Verdammt nah am Original

Der 300SD auf dieser Seite ist kein Original aus den USA, aber er kommt dem Original sehr nahe: Die gute Karosserie eines deutschen 260SE, Baujahr 1989, versah sein Besitzer mit dem kompletten Antriebsstrang eines eher abgehalfterten amerikanischen 300SD, der etliche Jahre zuvor seinen Weg nach Deutschland gefunden hatte und als Taxi verwendet wurde. Der OM617 und die Viergangautomatic sind also genau wie die mächtigen amerikanischen Stoßstangen wirklich Originalteile. Die "Kanaldeckel"-Fuchsfelgen sind eigentlich typisch für die S-Klasse der zweiten Bauserie ab 1985, also strenggenommen nicht wirklich original für einen Fünfzylinder-300SD. Außerdem wurden die Felgen – wie es in den USA viele Besitzer ebenfalls gemacht haben – poliert. Komplettiert wurde die Umbauarbeit mit einem lang übersetzten 2.65er Differential, wie es eigentlich nur im 560SE Verwendung fand: Originale US-Turbodiesel hatten stattdessen eine 3.07er Übersetzung.

Mit dem 560SE-Differential läuft der Wagen indes bei höheren Geschwindigkeiten noch leiser als zuvor. Nicht umgebaut wurde allerdings die amerikanische Komfortausstattung: Im Gegensatz zum spartanischen deutschen 260SE hatten die amerikanischen S-Klassen seit jeher schon alle Annehmlichkeiten wie elektrische Fenster, Klimaanlage und Tempomat an Bord. Für den Alltagsbetrieb kann es sich allerdings schon lohnen, auf solche Annehmlichkeiten zu verzichten: Denn was man nicht hat, das geht auch nicht kaputt!

Eine wie auch immer geartete Komforteinbuße durch die Diesel-Maschine unter der Haube ist unter keiner Bedingung zu spüren – einzig nach außen hin ist der charakteristische Fünfzylinder-Sound des alten OM617 doch äußerst vernehmlich zu hören. Vernünftig warmgefahren, ist die Maschine auch außerordentlich standfest: Über 600.000 Kilometer schaffte dieser Motor bereits ohne Reparaturbedarf, die 260SE-Karosserie erfreut sich nach über 300.000 Kilometern ebenfalls noch bester Gesundheit. Die Fahrleistungen sind nach heutigen Maßstäben nicht berauschend – für angenehmes Reisen bei mittleren Tempi aber absolut angemessen. Wie wir schon öfter festgestellt haben, das ist ja das eigentliche Metier eines Diesel-Klassikers....

Technische Daten aller Dieselmodelle des W116 und W126

Die Datentabelle beinhaltet alle Dieselmodelle, die es von den beiden Baureihen W116 und W126 für den amerikanischen Markt gegeben hat. Der noch neuere W140 aus den 90er Jahren war dann erstmalig auch für den deutschen Markt lieferbar.

Die Daten sind aus verschiedenen zeitgenössischen Mercedes-Benz Prospekten entnommen, aus dem Autokatalog "Revue Automobil" Ausgabe 1982, sowie aus dem Buch "Die S-Klasse von Mercedes-Benz" von Heribert Hofner. Es dürfte sich daher durchgehend um Werksangaben handeln. Bitte auch die Fußnoten beachten!

 

Fahrzeugtyp
300SD
W116
300SD
W126
300SD
W126
300SDL
300D
350SD
W126
350SDL
W126
Abmessungen
Länge mm
5220
5145
 
 
 
 
Breite mm
1870
1820
1820
1820
1820
1820
Höhe mm
1425
1430
1437
1441
1437
1441
Radstand mm
2865
2935
2935
3075
2935
3075
Innenbreite vorn mm
1460
 
1432
1432
1432
1432
Innenbreite hinten mm
1535
 
1468
1468
1468
1468
Innenhöhe vorn mm***
970
 
979
981
979
981
Innenhöhe hinten mm
860
 
943
944
943
944
Gewichte
Leergewicht kg
1815
1715
 
 
 
 
Zuladung kg
400
365
 
 
 
 
Gesamtgewicht kg
2215
2080
 
 
 
 
Leistungsgewicht leer/
mit 340 kg beladen kg/PS
15,8
13,7
 
 
 
 
19,3
16,6
 
 
 
 
Produktionszahlen
Produktionsbeginn
1978
1980
1985
1985
1989
1989
Produktionsende
1980
1985
1987
1987
1991
1991
Stückzahl
28.634
78.725
13.830*****
2.066
2.925
Antrieb
Antriebsräder
hinten
hinten
hinten
hinten
hinten
hinten
Motortyp
OM617
OM617
OM603
OM603
OM603A
OM603A
Hubraum ccm
3005
2998
2997
2997
3449
3449
Zylinder
5
5
6
6
6
6
maximale Leistung PS
115
125*
150*
150*
136*
136*
bei U/min
4200
4530
 
 
 
 
max. Drehmoment Nm
231
 
 
 
 
 
bei U/min
2400
 
 
 
 
 
Antrieb
Antriebsräder
hinten
hinten
hinten
hinten
hinten
hinten
Getriebeart (Serienausstattung)
4-Gang
Automatic
4-Gang
Automatic
4-Gang
Automatic
4-Gang
Automatic
4-Gang
Automatic
4-Gang
Automatic
Achsantrieb
3,07
3,07
3,07
3,07
 
 
Übersetzung im obersten Gang
1,00
1,00
1,00
1,00
1,00
1,00
Reifenformat
185HR14
195/70R14
205/65R15
Drehzahl bei 100 km/h
2500
2590
2520
2520
 
 
Innengeräusch
Leerlauf im Stand dB(A)
49
 
 
 
 
 
bei 50 km/h
64
 
 
 
 
 
bei 80 km/h
65
 
 
 
 
 
bei 100 km/h
70
 
 
 
 
 
bei 120 km/h
73
 
 
 
 
 
bei 130 km/h
74
 
 
 
 
 
bei 140 km/h
75
 
 
 
 
 
Fahrleistungen (Werksangabe)
0 bis 100 km/h
17
14,5
 
13
 
12,6**
Höchstgeschwindigkeit km/h
165
170**
 
193
 
176**
Verbrauchswerte nach DIN 70030
l/100 km bei 90 km/h
 
 
 
 
 
 
l/100 km bei 120 km/h
 
 
 
 
 
 
l/100 km im Stadtverkehr
 
 
 
 
 
 
Durchschnittsangabe (Reise)
9,1
10,6
 
 
 
 
Testverbräuche****
13,8
 
 
 
 
9,2
Tankinhalt in Litern
96
77
 
 
 
 
*300SD 5-Zylinder: ursprünglich 123 PS, ab September 1983 125 PS. für Kalifornien 118 PS;
300SD/SDL 6-Zylinder: für Kalifornien 145 PS;
350SD/SDL: in Kalifornien gar nicht angeboten.
**300SD vor September 1983: 165 km/h. Angabe für den 350SD aus einem Test der Schweizer "Automobil Revue", 1991.

***ohne Schiebedach.

****Angabe der Testverbräuche:
300SD W116: ams Heft 12/78.
350SDL: Schweizer "Automobil Revue", 1991.

*****Stückzahl aus dem Buch von H. Hofner, in dem allerdings nur der 300SDL genannt wird und die Existenz des 300SD nicht erwähnt wird (!).

 
 
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